Im April diesen Jahres fand in Kroatien der 7. Internationale Kongress “International OFEL Conference on Governance Management and Entrepreneurship“ statt. Ein Konferenzbeitrag lautete „Chess as a Powerful Eduacational Tool for Successful People“ auf Deutsch “Schach als leistungsfähiges Element in der Bildung für erfolgreiche Menschen“. Da sollten deutsche Bildungspolitiker und Wirtschaftsbosse aufhorchen. Die Autoren sichteten unzählige Studien der letzten Jahrzehnte, wie Schach die geistige Entwicklung und Fähigkeiten beeinflusst und fördert. Die im Beitrag aufgelisteten Vorteile, die mit dem Schach verbunden sind, umfassen Fähigkeiten und Wissen, die heute in der Wirtschaft als Schlüsselqualifikationen angesehen werden. Konzentration, Strategische Planung, Entscheidungsfindung, logisches Denken, Selbstbewusstsein, Achtung vor anderen Menschen sind wichtige Eigenschaften, die auch bei Bewerbungsgesprächen zählen.
Die Bildungslandschaft ist in Deutschland nicht nur in 16 Bundesländer zersplittert, mancherorts geht die Teilung bis in die Kommune und Schule. So gibt es Schulen, an denen sogar unterschiedliche Lehrbücher im gleichen Jahrgang verwendet werden. Die Verantwortung für Schule und Bildung liegt in den Händen der einzelnen Landesregierungen, die Ihren Schulen unterschiedliche Freiräume gestatten. Während in Sachsen die zu unterrichtenden Fächer zentral bei der Landesregierung festgelegt werden, kann anderenorts auch der Schuleiter in den Grundschulen über die Fächer und Stunden entscheiden. Das Schulschach in Deutschland ist entsprechend den Bildungssystemen der Länder unterschiedlich ausgeprägt. So kommt es, dass in Norddeutschland Schulleiter Schach als Unterrichtsfach an ihren Schulen einführten. Sie erhoffen sich bessere Lernergebnisse bei den Schülern, so wie es weltweite Studien belegen. Und die Praxis bestätigt die Schulleiter in ihrem Tun.
Anderenorts wird nach Schulschluss eine Schach-Arbeitsgemeinschaft auf freiwilliger Basis angeboten, die meist von Ehrenamtlichen geleitet wird. Die Pädagogen sind immer wieder erstaunt, wie ruhig und gesittet es unter den Schachspielern zugeht. Mancher wünscht sich so eine Atmosphäre während der Unterrichtszeit.
Seit dem PISA-Schock in 2000 wurde viel in Deutschland unternommen, um bessere Ergebnisse im Ranking der Länder zu erzielen. Angesichts der Tatsache, dass Deutschlands Wirtschaftsstärke auf innovativen Ideen und modernen Technologien basiert, muss eine deutliche Verbesserung der schulischen Leistungen ein gesamtgesellschaftliches Anliegen sein. Nachdenklich stimmt das im Juli 2018 bei „Deutschlandfunk Kultur“ veröffentlichte Interview mit dem Bildungsforscher Ludger Wößmann. Herr Wößmann konstatiert, dass Deutschland zwar zur Spitze aufgeschlossen hat, dennoch nur Mittelmaß ist.
In dem o.g. Konferenzbeitrag1 werden ausführlich Gründe dargelegt, warum das Schach sehr gut geeignet ist, die Kinder auf die heutigen Anforderungen im Leben vorzubereiten: Konzentration, Strategische Planung, Entscheidungsfindung, logisches Denken, Selbstbewusstsein, Achtung vor anderen Menschen.
Die Wirtschaft beklagt seit Jahren, dass immer mehr Arbeitskräfte im sogenannten MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) fehlen. Allerorts werden händeringend Lehrer für die MINT-Fächer gesucht. Die Ursachen hierfür können an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Dennoch meine ich, dass es wichtig ist, dass die MINT-Fächer jedermann Spaß machen und jeder Schüler gute Leistungen ohne übertriebenen Lerneifer erreichen kann. Hervorragendes Wissen in den MINT-Fächern hilft die Zukunft Deutschlands zu sichern. Die Digitalisierung der Wirtschaft und die damit verbundenen Herausforderungen in Wissenschaft und Technik sind nur mit allseits gebildeten Menschen zu schaffen. Die dänische Studie „Your move: The effect of chess on mathematics test scores” (Ihr Zug: Die Wirkung von Schach auf die Ergebnisse bei mathematischen Tests) aus 2017 sollte hiesige Schulbehörden bestärken, Schach als Unterrichtsfach an den Schulen zu fördern.
Es ist bemerkenswert, dass ausländische Studien immer wieder Dr. Hans Klaus, den Dekan der Philosophischen Fakultät an der Humboldt-Universität in Berlin (1969) zitieren: “Chess helps any human being to elaborate exact methods of thinking. It would be particularly useful to start playing chess from the early school days. Everybody prefers to learn something while playing rather than to learn it formally… it produces in our children an improvement in their school achievements. Those children who received systematic instructions in chess improved their school efficiency in different subjects, in contrast with those who did not receive that kind of instruction.”2
Dr. Klaus sprach diese denkwürdigen Worte auf dem FIDE Kongress 1969. Die deutsche Variante ist nach meinem Kenntnisstand nicht überliefert. Die Übersetzung lautet ungefähr so:
„ Schach hilft jedem Menschen, sich exakte Denkmethoden anzueignen. Besonders gut wäre es, wenn mit dem Schachspielen schon in den untersten Klassen begonnen wird. Jeder bevorzugt das spielerische Lernen statt dem formalen Lernen. … Dies führt bei den Kindern zur Verbesserung ihrer schulischen Leistungen. Die Kinder, die systematischen Schachunterricht erhielten, verbesserten ihre schulische Leistungsfähigkeit in verschiedenen Fächern, im Gegensatz zu denen, die keinen solchen Unterricht bekamen.“
1 Jankovic, Alojzije; Novak, Ivan "Chess as a Powerful Eduacational Tool for Successful People", Conference Paper - 7th International OFEL Conference on Governance, Management and Entrepreneurship: Embracing Diversity in Organisations. April 5th - 6th, 2019, Dubrovnik
2 Naciso Rabell Mendez, “Report by the World Chess Federation (FIDE) to the United Nations Organization (UNO),” June 1988, quotes Dr. Klaus’ comments.
Lieber Schachfreund Bicker,
Dein Artikel gefällt mir sehr gut. Er sollte in möglichst vielen Zeitschriften erscheinen.. Ich helfe Dir dabei gern, weiß aber nicht, wie ich das tun kann.
Beste Grüße
Dein Schachfreund Dr. Gerhard Schmidt